Gutachten: „S-Link gefährde Altstadthäuser“

ORF-Bericht vom 4.9.2024

Der Bau des S-Link quer durch die Innenstadt gefährde die Stabilität historischer Gebäude – zu diesem Schluss kommen nun zwei Gutachter im Auftrag von Salzburger Hausbesitzern. Die Techniker raten, von der Untertunnelung der Altstadthäuser Abstand zu nehmen.

Die Salzburger Altstadt, diesseits und jenseits der Salzach ist UNESCO-Welterbe und historisch einzigartig, absolut schützenswert. Der Bau und der Betrieb des S-Link würden das alles mehr als gefährden, sind etliche Hausbesitzer überzeugt. Unausweichliche irreparable Schäden an der Bausubstanz, massive Setzungen durch den Bau des Tunnels für den S-Link, die normgemäße Standsicherheit der betreffenden Gebäude sei nicht mehr gegeben, warnen die technischen Büros „3P Geotechnik“ und „Zipperer“ vor Auswirkungen des geplanten Verkehrsprojekts.

„Unserer Meinung nach müsste die Politik innehalten, diese Fragestellungen noch einmal einer konkreten Prüfung zuführen. Jedenfalls sind die von uns aufgeworfenen neu hinzugekommenen Inhalte dringend der Bevölkerung bekannt zu geben. Die hat ja schließlich in der Volksbefragung im November darüber zu entscheiden“, sagt Dieter Hofer, einer der betroffenen Hausbesitzer, dessen Haus aus dem 14. Jahrhundert stammt.

„Konkret ist zu erwarten, dass durch den Tunnelvortrieb, und zwar unabhängig davon, ob man die Strecke eintunnelig oder zweitunnelig führt, Setzungen im Bereich der Tunneltrassen erfolgen und zwar in einem Ausmaß von 50 bis 100 Meter rechts und links der Trasse“, sagt Hofer.

„Steinfundamente liegen lose in der Erde“

Fachliche Unterstützung bekommen die Hausbesitzer vom langjährigen Baudirektor der Stadt Salzburg, Walter Hebsacker: „Ich habe die Gutachten nicht gemacht, aber ich habe sie gut gelesen. Es kann natürlich ein Versagen der Fundamente stattfinden. Diese Häuser sind nur auf Steinen fundiert, die lose praktisch in der Erde drinnen liegen und wenn sich die ungleichmäßig bewegen, das kann bis zu einem Versagen der Standfestigkeit führen und es ist wirklich so, wenn man heute weiß, dass so etwas passieren kann, dann muss jeder Hauseigentümer sagen, bitte raus mit den Leuten während dem Bau, ich muss meine Geschäfte schließen. Eine Ertüchtigung in dem Maße ist für die Häuser nicht möglich“, sagt Hebsacker.

Kostbare Fresken in ältestem Geschäft in Gefahr

Lederwarenhändler Moritz Schliesselberger betreibt Salzburgs ältestes Geschäft. Sein Haus wurde 200 Jahre vor der Entdeckung Amerikas erbaut. In dem Lederwarengeschäft finden sich seltene historische Fresken aus dem Jahr 1550. „Wo gibt es das noch in Bürgerhäusern? Das finden Sie vielleicht noch in Kirchen oder Museen, aber nicht in Bürgerhäusern und sowas gehört unbedingt für die Nachwelt erhalten. Wenn ich mir vorstelle, das zerfällt und es sind Risse, da steigen mir die Grausbirnen auf“, sagt Schliesselberger.

26 Meter unter der Oberfläche sollen die Tunnels gegraben werden. Den Hausbesitzern bereiten aber nicht nur die Arbeiten Sorge, sondern auch der anschließende Betrieb der U-Bahn. „Der Betrieb wird Schwingungen beim Durchfahren der Strecken auslösen. Die Schwingungen haben nicht nur Geräuschauswirkungen auf die hier arbeitenden und lebenden Menschen, sondern vor allem lösen sie auch statische Probleme im Bereich der Holzdecken aus“, sagt Hofer.

S-Link-Betreibergesellschaft: „Ferngutachten gemacht“

Die S-Link-Betreibergesellschaft spricht dagegen von Ferngutachten, die hier gemacht worden seien. Die Referenzen ihrer Planer der unterirdischen Lokalbahnverlängerung seien untadelig, es spreche daher nichts gegen den Bau, so die Planungsgesellschaft.